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Aleks Scholz, Kathrin Passig: Handbuch für Zeitreisende (Hardcover, German language, 2020, Rowohlt Berlin) 5 stars

Review of 'Handbuch für Zeitreisende' on 'Goodreads'

4 stars

Ein schönes Buch – eine Art Sammelsurium mit Rahmenhandlung. Die Rahmenhandlung ist aber wichtig: Es gibt Zeitreisen, jetzt, in unserer Gegenwart; aber noch nicht sehr lange. Und dieser Reiseführer gibt Tipps dazu und erklärt uns hinterrücks dabei viel über unsere Welt, unsere Vorstellungen, die Vergangenheit, und wie sehr viel mit sehr vielem zusammenhängt und die Dinge nicht so einfach sind, wie man denkt.

Besonders schön ist der Anhang, in dem Leseempfehlungen gegeben werden, aus denen ich mich bereits bedient habe. Außerdem wird darin das Konzept von Zeitreisen, das dem Buch zugrunde liegt, ein wenig genauer erklärt, und dem galt schon während der Lektüre mein Interesse, auch wenn das sicher kein Schwerpunkt des Buches ist. Also: Man kann in die Zeit zurückreisen, und zwar in die Vergangenheit der eigenen Welt, ändert aber eigentlich gleich mit dem Ankommen diese Vergangenheit und damit auch die Zukunft und befindet sich damit in einer Parallelwelt. Beim Zurückreisen verlässt man diese Parallwelt (in der man also problemlos die eigene Geburt verhindern kann) und landet wieder in der eigenen.

Problematisch sei es ein bisschen, wenn man Gold in die Vergangenheit mitnimmt und dort lässt, etwa zum Bezahlen: damit geht die Ressource aus unserer Welt verloren, dafür gibt es in der Parallelwelt etwas mehr. (Das Buch geht viel auf ethisches Verhalten ein, es ist also sicher nicht im Sinn der Autoren und Autorinnen, das Müllproblem in dieser Form zu lösen. Aber man möchte da schon überlegen, was das für die Gesamtmasse des Universums bedeutet.)

Zum einen sind also Groundhog-Day-Szenarios möglich: Man reist zu einem Punkt in der – eigenen – Vergangenheit, trifft dort keinen Zeitreisenden, ändert mit dem Eintreffen die Zukunft, und kann nach Rückkehr in die – eigene Zukunft – noch einmal in die ursprüngliche, immer noch eigene Vergangenheit zurück, nur mit mehr Wissen.

Wird man andere Zeitreisende treffen? Das Buch erwägt die Möglichkeit, dass von Zeitreisenden aus anderen, parallelen Gegenwarten Gold in unsere Vergangenheit (und damit: Welt) gebracht wird. Die kann man dann also treffen, ein Austausch mit diesen wäre sicher interessant. Und Reisende aus unserer eigenen Gegenwart? Wenn deren Vergangenheitsaufenthalt zu unserer Gegenwart gehört, dann ja. Aber deren Vergangenheitsaufenthalt kann genau so wenig zu deren Gegenwart gehören wie unserer zu unserer (es sei denn, sie lassen die Finger von ihren Großeltern – und sind wir dann nicht wieder beim Großelternproblem, das die Parallelwelten eigentlich vermeiden sollten?), also können Sie nicht aus unserer Gegenwart kommen. Ich bin verwirrt.

(Hinweis: Die Theorie der Zeitreisen spielt im Buch eine wesentlich geringere Rolle als in diesem Kommentar hier.)